BIOGRAPHIEN

Aufstand gegen das Empire – Der Zug Ferdinand von Schills 1809

Schills Tod in Stralsund, Friedrich Hohe, München um 1835, Lithographie © LVR-Niederrheinmuseum Wesel

Napoleon schlug die preußische Armee 1806 in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt entscheidend. Nach dem anschließenden Frieden von Tilsit im Jahr 1807 weitete sich seine Herrschaft praktisch auch über ganz Deutschland aus. Preußen verlor etwa die Hälfte seines Staatsgebietes, seinen Status als Großmacht und seine außenpolitische Selbstständigkeit. Es musste ferner Kriegskontributionen in der gewaltigen Höhe von 140 Millionen Francs an Frankreich entrichten.

Im Frühjahr 1809 zeigte das anscheinend übermächtige napoleonische Imperium erste Risse: In Spanien befand sich die Bevölkerung im Aufstand, Österreich erklärte dem Kaiser erneut den Krieg, in Tirol erhob sich das Volk unter der Führung des Freiheitskämpfers Andreas Hofer gegen die Fremdherrschaft und es brodelte im Königreich Westfalen. Am 28. April 1809 verließ Major Ferdinand von Schill mit seinem 2. Brandenburgischen Husarenregiment die Garnison Berlin, um auch in Nordwestdeutschland einen Volksaufstand auszulösen. Schill handelte ohne königlichen Befehl, stand jedoch in engstem, konspirativem Kontakt zu hohen Militärs und Beamten, die eine von Preußen ausgehende Erhebung vorbereiteten. 

Das Unternehmen scheiterte vollständig. Der erhoffte Zuzug an Freiwilligen blieb gering, die Volkserhebung fand nicht statt, der König distanzierte sich. Schill warf sich mit dem größten Teil seines Korps in die Festung Stralsund, um sich dort gegen die andrängenden kaiserlichen Truppen zu verteidigen und notfalls über die Ostsee nach England zu entkommen. Am 31. Mai wurde seine Streitmacht von einem weitaus stärkeren holländisch-dänischen Korps der kaiserlichen Armee  geschlagen. Schill fiel im Kampf wie ungefähr 400 seiner Leute, etwa 400 Angehörigen seines Korps wurde freier Abzug nach Preußen gewährt, elf Offiziere sowie 557 Unteroffiziere und Mannschaften gerieten in Gefangenschaft.

Die gefangenen Offiziere wurden schließlich nach Wesel verbracht, das mit seiner Festung seit Januar 1808 zum Kaiserreich gehörte. Sie trafen um die Mitte August hier ein und wurden in der Zitadelle arretiert, wo sie am 16. September vor ein Kriegsgericht gestellt wurden. Napoleon hatte verfügt, dass sie „comme brigands“, d.h. als Straßenräuber angeklagt werden sollten. Auf gewaltsamem Straßenraub stand die Todesstrafe, und eben diese war den Offizieren von vornherein zugedacht.  

Dem erklärten Willen des Kaisers gegenüber blieb auch die mutige und entschiedene Verteidigung durch ihren Rechtsbeistand Noël Perwez erfolglos. Das Kriegsgericht verurteilte die Angeklagten einstimmig zum Tode durch Erschießen. Gegen das Urteil gab es keine Berufung, es war innerhalb von 24 Stunden zu vollstrecken; die Hinrichtung fand jedoch fast umgehend statt. Die Füsilierten wurden an Ort und Stelle bestattet. 1834 wurde hier ein Denkmal über ihrer Grabstätte errichtet, das sich bis heute dort befindet. 
 
Ein in Wesel zwölfter Mitangeklagter entging dem Todesurteil. Johann Zaremba war nicht in Stralsund in Gefangenschaft geraten, sondern bereits einige Wochen zuvor. Er behauptete, vom Major Schill in das Korps gezwungen worden zu sein, ohne die Ziele des Unternehmens zu kennen. Die übrigen Angeklagten bestätigten diese Aussagen. Zaremba wurde zunächst zu lebenslänglicher Festungshaft verurteilt und dann am 1. November 1811 von Napoleon anlässlich seines Besuches in Wesel begnadigt.

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Denkmal der Schill'schen Officiere bei Wesel, aus: Johann Gabriel Friedrich Poppel, Das Königreich Preussen in malerischen Original-Ansichten seiner interessantesten Gegenden, merkwürdigsten Städte ... und sonstigen ausgezeichneten Baudenkmaler alter und neuer Zeit, Band 2, S. 781, Darmstadt 1852 © Wikimedia Commons [Public Domain]