BIOGRAPHIEN
Landstände und Landesherr
Die Landstände in den Vereinten Herzogtümern wurden vom landtagsfähigen Adel und Vertretern der Städte gebildet. Die Stände von Kleve-Mark und die von Jülich-Berg hielten nach 1609 zunächst an ihrer alten Unionfest. Gemeinsam stellten sie Brandenburg und Pfalz-Neuburg Bedingungen für den Rezess von Dortmund und gehörten auch zu den Unterzeichnern des Vertrages von Xanten.
In den ersten Jahrzehnten der ungefestigten brandenburgischen Herrschaft behaupteten die Landstände von Kleve-Mark eine fast beispiellose Eigenständigkeit. Sie beriefen selber Landtage ein und betrieben eine eigene „Außenpolitik“ mit Kontakten zu Kaiser und Reichstag sowie vor allem zu den Generalstaaten. Zu ihren angestammten Privilegien zählten insbesondere die volle Steuerbewilligung, das Indigenat (Heimat- bzw. Bürgerrecht), wonach keine landfremden Beamten geduldet wurden, sowie das Recht zur Versammlung ohne den Landesherrn.
Kurfürst Friedrich Wilhelm baute seine Regierungsmacht aus und reduzierte die ständische Mitsprache überall, von Kleve bis Königsberg. Musste er dem ständischen Widerstand in Kleve-Mark 1649 noch erhebliche Zugeständnisse machen, so unterwarf er in den folgenden Jahren, teilweise gewaltsam, die Stände der landesherrlichen Souveränität. Die in Kleve-Mark erhobenen Steuern ermöglichten dem Kurfürsten u.a. die erfolgreiche Teilnahme am Nordischen Krieg (1655-1660) und die Abschüttelung der königlich polnischen Lehnshoheit über das Herzogtum Preußen im Frieden von Oliva 1660.
Die Landtagsrezesse von 1660 und 1661 brachten zum Ausdruck, dass der ständische Widerstand weitgehend gebrochen war. Der Ausbau der landesherrlichen Verfügungsmacht manifestierte sich auch in der Etablierung einer neuen Behörde. Das seit 1660 in Kleve tätige neue Kriegskommissariat war im Wesentlichen auch für den Einzug der Steuern zuständig und zog im Laufe der Zeit immer mehr Aufgaben der alten Landesbehörden (Regierung, Amtskammer und Hofgericht) an sich.
Die Stände behielten ihr hohes Ansehen als traditionelle und regional einflussreiche Landesinstitutionen. An wirklicher politischer Bedeutung sollten sie jedoch erst wieder gut 100 Jahre später gewinnen.
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