BIOGRAPHIEN

Treffen in Moyland – Friedrich der Große und Voltaire

Der junge König fieberte der Begegnung entgegen – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn als der Gast eintraf, lag Friedrich von heftigen Fieberanfällen geschüttelt, mit einem Reitermantel zugedeckt und zunächst kaum fähig zu sprechen. Dennoch ergab sich eine lange, folgenreiche Unterhaltung mit dem berühmtesten Mann der Gegenwart: dem französischen Philosophen, Historiker, Dichter und Kritiker Voltaire (1694-1778), der eigentlich François Marie Arouet hieß.

Friedrich hatte bereits als Kronprinz die Schriften Voltaires verschlungen und in Briefwechsel mit ihm gestanden. Nun, kurz nach seiner Thronbesteigung, nutzte er seine erste Reise in die niederrheinischen Provinzen, um sein geistiges Idol endlich persönlich kennenzulernen. Das Treffen fand in Schloss Moyland bei Kleve statt und dauerte vom 11. bis zum 14. September 1740. Schon im November war Voltaire dann zu Gast in Rheinsberg und dort empfangen „wie ein kleiner Messias“. Es dauerte noch zehn Jahre, bis der bekannteste Kopf der europäischen Aufklärung dem hartnäckigen Werben des Königs nachgab und sich in Potsdam niederließ.

 

Hendrik Spilman, Schloss Moyland bei Kleve, 1746, Kupferstich nach Jan de Beyer © LVR-Niederrheinmuseum Wesel

Dort lebte er drei Jahre als intellektueller Gesellschafter Friedrichs und Korrektor dessen schriftlicher Arbeiten, fürstlich honoriert und überhäuft mit Ehrungen und Gnadenerweisen. Dann kamen Voltaire abwertende Äußerungen des Königs über seine Person zu Ohren. Auch erregte der Philosoph mit anrüchigen Spekulationsgeschäften den königlichen Unwillen. Als Voltaire seinen Landsmann Maupertuis, den Präsidenten der Preußischen Akademie der Wissenschaften, öffentlich verhöhnte, und der König ebenso öffentlich wie drastisch Partei für Maupertuis nahm, war die persönliche Beziehung beendet.

Voltaire verließ Potsdam 1753 und wurde auf der Rückreise noch zusätzlich vom König gedemütigt, der ihn in Frankfurt am Main inhaftieren ließ. Dafür revanchierte sich der Philosoph von Frankreich aus mit etlichen geistreichen Boshaftigkeiten an die Adresse Friedrichs. Dennoch nahmen beide 1757 wieder einen regelmäßigen Briefwechsel auf, der mit einer Pause zwischen 1761 und 1764 bis zum Tode Voltaires andauerte.

Friedrich der Große würdigte 1778 die literarischen und humanitären Verdienste des Verstorbenen mit einem persönlichen Nekrolog vor der Akademie der Wissenschaften in Berlin. Das erste Treffen der beiden in Moyland steht auch für die seit Friedrich dem Großen endgültige kulturelle Westbindung Preußens. Dessen niederrheinische Besitzungen waren ein Fenster zur aufgeklärten Moderne. 

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König Friedrich II. und Voltaire in Potsdam: Fréderic et Voltaire, Charles Baquoy nach Nicolas Monsiau, Paris 1820, Kupferstich © LVR-Niederrheinmuseum Wesel