Oppositions- und Jubelfeste 1865

Im Jahr 1865 erregte Köln mit zwei großen Festveranstaltungen wieder einmal öffentliche Aufmerksamkeit. Am 15. Mai hatten in Anwesenheit König Wilhelms I. die Hauptfeierlichkeiten anlässlich der 50-jährigen Zugehörigkeit der Rheinprovinz zu Preußen in Aachen stattgefunden, dem Ort der Huldigung 1815. Tags darauf weilte der Monarch in Köln zur Grundsteinlegung für das Denkmal seines Vaters Friedrich Wilhelm III. auf dem Heumarkt. Gut zwei Monate später wollten Angehörige der liberalen Mehrheit im Abgeordnetenhaus ebenfalls in Köln eine feierliche Zusammenkunft begehen. Während das Staatsjubiläum prunk- und glanzvoll über die Bühne ging, wurde das oppositionelle Abgeordnetenfest von den Behörden unterbunden.

Rheinpreußen in seiner Vergangenheit und Gegenwart, Johann Baptist Sonderland nach Caspar Scheuren, Düsseldorf 1862-1865, kolorierte Lithographie © LVR-Niederrheinmuseum Wesel

Titel einer 27 Blätter umfassenden Folge: „Landschaft, Sage, Geschichte und Monumentales der Rheinprovinz“, gewidmet der Königin Augusta anlässlich der 50jährigen Zugehörigkeit der Rheinprovinz zu Preußen

Beide Feste spielten vor dem Hintergrund einer großen innenpolitischen Krise, dem Heeres- und Verfassungskonflikt. Beide teilten die Absicht, eine Übereinstimmung der Bevölkerung mit den jeweiligen Hauptpersonen der Veranstaltung und mit deren politischen Anliegen zu demonstrieren, wobei die Stimme der alten Metropole für die ganze Provinz galt.

Einige wirkungsvoll inszenierte Akte des monarchischen Jubelfests fanden vor einem großen Publikum statt: die Fahrt des Königs mit seiner Gemahlin und dem Kronprinzen durch die Stadt, die abendliche Rheinfahrt der Monarchen vor beleuchteten Ufern und der abschließende Fackelzug der Deutzer Kürassiere. Der Zugang zur Grundsteinlegung auf dem Heumarkt war dagegen stark reglementiert. Zum exklusiven Festmahl im Gürzenich waren auch Deputierte aus der ganzen Provinz geladen.

In offizieller Interpretation hatte das gelungene Fest die königstreue und loyale Gesinnung der Rheinländer bezeugt. Tatsächlich empfingen die Kölner ihren König mit eher verhaltener Herzlichkeit und waren die politischen Spannungen bestenfalls übertüncht worden. Oberbürgermeister Alexander Bachem (1806-1878) war bei der Finanzierung der Grundsteinlegung und der übrigen Feierlichkeiten ganz wesentlich auf das altliberale Kölner Großbürgertum angewiesen, nachdem die Kölner Stadtverordneten sich mit einer Mehrheit von Linksliberalen und klerikal Konservativen quer gestellt hatten.

Das gescheiterte Abgeordnetenfest sollte eine Neuauflage von 1863 werden, als auf dem Höhepunkt des Verfassungskonflikts rheinisch-westfälische Abgeordnete der linksliberalen Fortschrittspartei für ihre hartnäckige Opposition gegen den Regierungskurs öffentlich gefeiert wurden. Für den 22./23. Juli 1865 hatten von 250 eingeladenen Abgeordneten 160 zugesagt, darüber hinaus weitere Parteigänger aus den westlichen Provinzen.

Die Oppositionsveranstaltung wurde von den preußischen Behörden unter Aufgebot von Polizei und Militär verhindert. Nachdem am 11. Juli bereits ein Verbot ergangen, das Festkomitee aufgelöst und dessen Vorsitzender nach Belgien geflüchtet war, hatten sich nur noch gut 80 Abgeordnete in Köln eingefunden. Die Teilnehmer hetzten von einer Tagungsstätte spontan zur nächstbesten, wo die Versammlung alsbald wieder aufgelöst wurde. Anderntags „retteten“ sich die Abgeordneten nach Oberlahnstein ins Hessen-Nassauische, wo das tragikomische Fest nach Verbot des dortigen Landesherrn sein Ende nahm.

Bei der Rückkehr nach Köln wurden den Teilnehmern vielfältige Sympathiebezeugungen zuteil, aber der politische Gewinn des Abgeordnetenfestes von 1865 war eher gering.

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